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Niederlande: Neue Regeln für Paprika und Tomaten - zurück zu Erdgas?

Weil die Nachhaltigkeitswende in den Niederlanden ins Stocken geraten ist, drohen die Produktionskosten für niederländisches Glashausgemüse in die Höhe zu schießen. Grund dafür ist eine neue Auslegung europäischer Vorschriften, die den Umstieg auf Erdwärme und „grünes CO2“ verhindert, berichtet u.a. das Algemeen Dagblad.

Tomate und Paprika
© ignartonosbg/pixabay

Geothermie statt Erdgas, „grünes CO2“ aus Müllverbrennungsanlagen abfangen - all das scheint erst einmal auf Eis gelegt, was die Erzeuger verzweifeln lässt. Denn wenn die jüngste juristische Auslegung neuer Regeln des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) bestehen bleibt, müssen die Erzeuger wohl oder übel ihre alten Erdgaskessel wieder voll in Betrieb nehmen, heißt es weiter. 

Jean Rummenie, geschäftsführender Staatssekretär für Landwirtschaft, Fischerei, Ernährungssicherheit und Natur (LVVN), sagte, er sei erschrocken darüber, dass europäische Vorschriften dazu führen, das die Vorreiter der Nachhaltigkeit ausgebremst würden. Man vergesse leiht, dass CO2 nicht nur Treibhausgas, sondern auch Dünger für die Pflanzen sei, von dem Erzeuger gerne Gebrauch machten. Schließlich würden O+G dadurch schneller wachsen. 

So habe man in den vergangenen 20 Jahren dank des Rohrleitungssystems Ocap bereits 8 Mio t CO2 liefern können. Gleichzeitig seien damit 4,6 Mrd m³ Erdgas eingespart worden. Rund die Hälfte dieses zusätzlichen CO2 stamme aus einer Ölraffinerie von Shell. Da Shell dieses CO2 fossilen Ursprungs aber zukünftig durch das Projekt Porthos im Meeresboden speichern werde, bleibe für die Erzeuger nur noch das nicht-fossile CO2 von Alco Energy. Es werden also dringend neue Lieferanten benötigt, wie die Müllverbrennungsanlage AVR. Allerdings müsste AVR 200 Mio Euro in spezielle Abscheideanlagen investieren, um das CO2 an die Gewächshausbranche zu liefern. Immerhin gäbe es die Möglichkeit einer Förderung. Allerdings erlaube es eine neue europäische Gesetzgebung nicht, dieses grüne CO2 für die Branche zu reservieren, berichtet die Niederländische Emissieautoriteit (NEA). Vielmehr müsse das CO2 unter der Erde gespeichert werden, sonst würden hohe CO2-Abgaben drohen. Eine buchhalterische Verrechnung zwischen fossilem und grünem CO2 sei nicht zulässig.

Auch Adri Bom-Lemstra, Vorsitzende von Glastuinbouw Nederland, könne die Entscheidung nicht nahvollziehen. Schließlich handele es sich lediglich um eine administrative Verrechnung, die AVR und die Gewächshausbranche verlangen würden. Durch die Ablehnung komme aber die Nachhaltigkeitswende in der Gewächshausbranche zum Stillstand. Denn wenn die Erzeuger ihr CO2 wieder selber herstellen müssen, gehe das nur über die altmodische Verbrennung von Erdgas. Die entstehende Wärme würden sie dann auch zum Beheizen der Gewächshäuser verwenden. Und das sei der „Todesstoß“ für die Entwicklung der Erdwärme als moderne, klimaneutrale Wärmequelle.

Diese Entwicklung sei eine große Bedrohung, die auch höhere Kosten zur Folge habe, heißt es weiter: höhere Abgaben und teurere Paprika und Tomaten. Aber auch für die niederländischen Klimazeile sei dies ein herber Schlag. 

Staatssekretär Rummenie will das Gespräch mit Brüssel suchen, schließlich könne das Ziel der EU-Regeln nicht gewesen sein, die Nachhaltigkeit in den Niederlanden auszubremsen. „Auf der UN-Klimakonferenz klopft sich Europa stolz auf die Brust, weil es beim Klimaschutz so weit vorne liegt. Aber gleichzeitig bremsen grüne Regeln hier die Kreislaufwirtschaft aus Das muss sich ändern. Brüssel muss uns bei der Nachhaltigkeit helfen, nicht uns im Weg stehen“, wird Rummenie zitiert. 

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