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Neue EU-Vorschriften für neue genomische Techniken: Versuchszentrum Laimburg informiert

Die Europäische Kommission hat eine vorläufige Einigung über ein neues Regelwerk zu sogenannten neuen genomischen Techniken (NGTs) erzielt. Diese Techniken ermöglichen es, Pflanzen schneller und gezielter an klimatische und agronomische Herausforderungen anzupassen – ähnlich wie es auch durch natürliche Prozesse oder klassische Züchtung möglich wäre, so das Versuchszentrum Laimburg.

Genomediting
© Ivo Corra/Versuchszentrum Laimburg

Das Versuchszentrum Laimburg informiert über die wichtigsten Eckpunkte und deren Bedeutung für die landwirtschaftliche Forschung.

In den vergangenen Jahren wurden neue genomische Techniken (NGTs) wie die Genschere CRISPR/Cas entwickelt, mit denen die gezielte Züchtung neuer Apfel- und Rebsorten, die gegenüber Schaderregern, Hitze und Trockenheit resilienter sind, deutlich erleichtert wird. Zum heutigen Stand werden Pflanzen, die durch NGTs entstanden sind, rechtlich wie gentechnisch veränderte Organismen (GMOs) behandelt, da NGTs im bestehenden EU-Gentechnikrecht aus dem Jahr 2001 noch nicht berücksichtigt wurden.

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben in der Nacht auf den 4. Dezember eine vorläufige Einigung über einen Vorschlag der Europäischen Kommission zu einem möglichen Rechtsrahmen erzielt, der den technischen Entwicklungen Rechnung trägt und gleichzeitig hohe Sicherheitsstandards für Mensch, Tier und Umwelt sicherstellt. Ziel soll es sein, die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Agrar- und Lebensmittelsektors zu verbessern und Abhängigkeiten von Drittländern zu vermindern. Die geplanten EU-Vorschriften bilden einen wichtigen Schritt hin zu einem aktualisierten Rechtsrahmen. Sie werden erst nach finaler Zustimmung von Parlament und Rat in Kraft treten. Anschließend beginnt die Phase der nationalen Umsetzung und der praktischen Anwendung der neuen Regeln.

Verschiedene Vorgaben zur Kennzeichnung der beiden Kategorien von NGT-Pflanzen:

Die neuen Vorschriften teilen NGT-Pflanzen in zwei verschiedene Kategorien ein, die unterschiedlich gehandhabt werden. Pflanzen der Kategorie 1 weisen Veränderungen auf, die auch in der Natur oder durch konventionelle Züchtung entstehen könnten. Sie werden konventionellen Sorten künftig rechtlich gleichgestellt. Das bedeutet, dass diese Pflanzen nicht speziell gekennzeichnet werden müssen. Ausnahmen bilden jedoch Saatgut und Vermehrungsmaterial. Bestimmte Eigenschaften, wie Herbizidtoleranz oder die Produktion bekannter Insektizide, sind ausdrücklich von Kategorie 1 ausgeschlossen.

Pflanzen der Kategorie 2 umfassen komplexere Veränderungen sowie Veränderungen, die durch konventionelle Züchtung nicht erzielt werden können. Für sie gelten weiterhin die bisherigen GMO-Regelungen: Sie unterliegen also der Kennzeichnungspflicht. Die europäischen Mitgliedstaaten können den Anbau solcher Pflanzen auf ihrem Hoheitsgebiet untersagen sowie Maßnahmen ergreifen, um eine unbeabsichtigte Ausbreitung von Pflanzen der Kategorie 2 und ihren Produkten zu verhindern.

Regelung des geistigen Eigentums

Die geplante EU-Regelung sieht außerdem vor, dass bei der Anmeldung von Pflanzen der Kategorie 1 alle bestehenden oder anhängigen Patente offengelegt und in einer öffentlichen Datenbank erfasst werden. Zusätzlich können Unternehmen freiwillig Informationen zu möglichen Lizenzierungsabsichten bereitstellen.

Bedeutung der NGTs für die landwirtschaftliche Forschung

Zu den wichtigsten Herausforderungen der Landwirtschaft zählen die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln und die Anpassung an den laufenden Klimawandel. Als die Forschungseinrichtung für die Südtiroler Landwirtschaft hat es sich das Versuchszentrum Laimburg zur Aufgabe gemacht, diesen Herausforderungen auch durch die Prüfung und Züchtung neuer Apfel- und Rebsorten zu begegnen. Diese neuen Sorten sollen einerseits eine erhöhte Resilienz gegenüber Hitze und Trockenheit aufweisen und andererseits vor allem tolerant gegenüber Schaderregern sein, um den Bedarf an Pflanzenschutzmitteln signifikant zu senken und den Südtiroler Obst- und Weinbau nachhaltiger zu gestalten.

Mit klassischen Kreuzungs- und Selektionsmethoden sind Fortschritte hier zwar möglich, aber zeit- und kostenintensiv. Neue genomische Techniken können diese Prozesse beschleunigen, da gezielt Eigenschaften in bereits bewährte Sorten eingebracht werden können. Die wissenschaftliche Gemeinschaft geht überwiegend davon aus, dass Pflanzen der Kategorie 1 kein höheres Risiko für Mensch und Umwelt darstellen als klassisch gezüchtete Sorten.

Unser Auftrag: Information und Forschung

Das Versuchszentrum Laimburg sieht seine Aufgabe darin, die Südtiroler Landwirtschaft wissenschaftlich zu unterstützen – durch Forschung, Sortenentwicklung und transparente Information der Bevölkerung. Die Diskussion um NGTs ist komplex, und das Versuchszentrum Laimburg möchte dazu beitragen, dass diese Diskussion auf wissenschaftlich fundierten Fakten stattfinden kann. 

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