von Inga Detleffsen 3 Min Lesezeit Link X.com Facebook Linkin

Mit KI zum perfekten Avocado-Smartphone-Scanner?

Lebensmittelverschwendung ist ein Schlüsselwort unserer Zeit, und die Vermeidung ebendieser ein Vorhaben, das weltweit auf der Agenda steht. In Deutschland sind die zuletzt verfügbaren Zahlen aus 2022: 10,8 Mio t Lebensmittelabfälle waren es bei der letzten Erhebung. Der weltweite Durchschnitt lag 2022 bei 79 kg pro Kopf – laut Statista wurden in Deutschland 2024 78 kg Lebensmittel pro Kopf weggeworfen.

Smartphone-Scan erkennt Avocado-Reife (KI-generiertes Bild)
Den Reifegrad per Smartphone scannen? Zukunftsmusik, aber machbar, so die Studie aus den USA.
© KI-generiertes Bild

Klar: Dazu zählen z.B. auch Nussschalen oder Knochen, aber ebenso klar ist, dass diese Zahl deutlich zu hoch ist. Denn auch Lebensmittel, die zum Verzehr geeignet wären, aber wegen Überangebot, optischer Mängel oder Überschreitung der Mindesthaltbarkeit weggeworfen werden, sind Teil dieser Gruppe, und das waren in Deutschland 2024 6,5 Mio t – eine ganze Menge.

Insgesamt gehen weltweit rund 32 % der produzierten Lebensmittel entweder in der Lieferkette verloren oder werden im Handel, in der Gastronomie oder in Haushalten weggeworfen. In Europa liegt dieser Wert mit 6 % deutlich niedriger, was für René Bocksch von Statista von einer effizienteren Logistik und Infrastruktur zeugt. 

Dennoch gibt es noch viel Luft nach oben, so dass neben nationalen Aktionen wie „Zu gut für die Tonne!“ auch die Forschung untersucht, an welcher Stelle Lebensmittelverschwendung weiter reduziert werden könnte. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf klimakterischen Früchten wie der Avocado – ganze Memes widmen sich ihrem als mysteriös wahrgenommenen Reifezyklus, und mit steigendem Konsum ist eine Zunahme der aufgrund von Überreife entsorgten Früchte, die bereits heute 40 % der weltweiten Avocado-Produktion ausmachten, denkbar. Inzwischen finden sich Gegeninitiativen, neben Verzehrhinweis-Stickern gibt es auch schon erste „Scanner“ am PoS, mit denen die Konsumenten selbst prüfen können, ob ihre gewählte Avocado bereits verzehrfähig ist. 

Die Forschenden In-Hwan Lee (Oregon State University), Zhengao Li (Florida State University) und Luyao Ma (Oregon State University) haben nun untersucht, inwiefern diese Tests auch noch unkomplizierter mit Smartphones durchgeführt werden könnten – und zwar sowohl nicht nur hinsichtlich der äußeren, sondern auch der inneren Fruchtqualität. Ihre Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „Current Research in Food Science“ veröffentlicht.

 

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Ergebnisse der KI-Vorhersagen als Grafik
Einzelne Punkte zeigen die gemessene Festigkeit, die rote Linie hingegen ist die vorhergesagte Festigkeit der KI-Modelle. CNN ResNet-18R (links unten) erreichte hier die akkuratesten Vorhersagen.
© In-Hwan Lee, Zhengao Li, Luyao Ma, Explainable AI and mobile imaging for non-destructive avocado ripeness and internal quality assessment to reduce food waste, Current Research in Food Science, Volume 11, 2025

Datenanalyse mit Deep Learning

Eingesetzt wurden dabei Deep-Learning-Modelle, bei denen komplexe Abläufe durch große Datenmengen erlernt werden könnten. Innerhalb von acht Tagen hat das Team der Studie dann 1.400 Bilder von Hass-Avocados unter konstanten Bedingungen aufgenommen. Die tatsächliche Festigkeit wurde gemessen, die Bilddaten anschließend per KI ausgewertet. Die Forschenden stellten fest, dass das beste der eingesetzten Bildmodelle die Festigkeit sehr genau voraussagen konnte und daraus Resthaltbarkeiten abgeleitet wurden, die sich an Branchenleitfäden orientierten. Parallel wurde die innere Qualität, d.h. frische vs. überreife Früchte, anhand äußerlicher Aufnahmen der Avocados klassifiziert; hier lag die Trefferquote immerhin bei 84 %. Die dahinterliegenden wissenschaftlichen Daten sind nicht unbedingt auf den ersten Blick verständlich, könnten jedoch konsumentenfreundlich aufbereitet werden, so dass eine Festigkeit von „44-67 N“ z.B. in „in zwei Tagen verzehrreif“ übersetzt würde.

Durch diese Art der Überprüfung könnten optisch auffällige, aber vollkommen verzehrfähige Avocados, die durch rein visuelle Checks aussortiert würden, genauso "gerettet" werden wie die Konsumenten selbst, die ahnungslos zu Avocados greifen, die optisch unversehrt, aber innerlich bereits beschädigt sind. Zugegeben, noch handelt es sich hierbei um eine nicht alltagstaugliche Studie, zudem sei es bisher bei Deep Learning aufgrund der großen Datenmengen, die die Systeme zur Entscheidungsfindung einsetzten, nicht immer leicht nachzuvollziehen, wie eine Entscheidung letztendlich getroffen werde, erklärten die Forschenden und bezeichneten das System als eine Art „Black Box“. Im Hinblick auf eine Reduzierung der Lebensmittelverschwendung stellt ihre Untersuchung dennoch einen spannenden ersten Schritt dar, um den Konsumentinnen und Konsumenten mehr Entscheidungsfreiheit und Planbarkeit beim Einkauf zu ermöglichen und Lebensmittelabfälle zu reduzieren. 

Die gesamte Studie finden Sie unter diesem Link: zur Studie 

Und falls Sie bis dahin mehr zur Qualitätsbestimmung von Avocados wissen möchten: Schauen Sie doch mal in unsere Warenkunde - in Band 1 finden Sie ausführliche Infos zu den wichtigen Qualitätsmerkmalen und der richtigen Lagerung der Trendfrüchte.

Grafische Aufbereitung der erklärten Studie
Die Studie auf einen Blick
© In-Hwan Lee, Zhengao Li, Luyao Ma, Explainable AI and mobile imaging for non-destructive avocado ripeness and internal quality assessment to reduce food waste, Current Research in Food Science, Volume 11, 2025