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Verbände mahnen: EU braucht klare Schritte zur Vereinfachung der Agrar- und Lebensmittelpolitik

Die europäische Lebensmittelkette war lange ein Stabilitätsanker – doch steigende Regulierung und Rechtsunsicherheit gefährden zunehmend ihre Zukunft. Nun erhöhen Verbände und Organisationen der Branche – darunter Copa Cogeca, Euroseeds, Europatat und Tomato Europe – den Druck und fordern von der EU-Kommission umfassende Schritte zur Vereinfachung und Modernisierung.

wehende Europaflagge vor einem modernen Gebäude
© Europäische Kommission

Der Aufruf im Wortlaut: „Landwirtschaft und Ernährung standen schon immer im Zentrum des europäischen Projekts – als Grundpfeiler unserer Wirtschaft, unserer Sicherheit und unserer Lebensweise. Tag für Tag sorgt die europäische Agrar- und Lebensmittelkette dafür, dass Bürgerinnen und Bürger auf dem gesamten Kontinent und darüber hinaus mit sicheren, hochwertigen und nahrhaften Lebensmitteln versorgt werden. In einer Welt, die von geopolitischer Instabilität, Konflikten und wachsender Unsicherheit geprägt ist, bleiben Europas Landwirte sowie die vorgelagerten Bereiche und die Akteure der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft eine stabilisierende Kraft – ein strategisches Gut für Ernährungssicherheit, Frieden, Resilienz und Nachhaltigkeit.

Doch die Kette steht zunehmend unter Druck. Rechtsunsicherheit, eine immer komplexere Regulierung, veraltete Vorgaben, die Innovationen ausbremsen, sowie steigende Verwaltungslasten gefährden die Zukunft ganzer Wertschöpfungsketten. Diese Hürden bremsen notwendige Investitionen zur Stärkung von Nachhaltigkeit und langfristiger Resilienz, behindern die Umsetzung, hemmen Innovation und verlangsamen die Übergangsprozesse, die die Gesellschaft einfordert.

Die unterzeichnenden Organisationen der Agrar- und Lebensmittelkette begrüßen daher das Bekenntnis der Europäischen Kommission für die Jahre 2024–2029, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, Verwaltungslasten zu reduzieren sowie Rechtsvorschriften zu straffen und zu modernisieren. Wie in der „Vision für Landwirtschaft und Ernährung“ der Europäischen Kommission hervorgehoben wird, erfordert die Erreichung dieser Ziele eine echte Vereinfachung für Landwirte, Lebensmittelverarbeiter und alle Akteure der Agrar- und Lebensmittelwertschöpfungskette – unterstützt durch Innovationen, die praxistaugliche Lösungen liefern.

In diesem Zusammenhang wird von der Europäischen Kommission erwartet, ein bereichsübergreifendes Legislativpaket zur Vereinfachung vorzulegen, das spürbare Verbesserungen über die GAP hinaus bringt – insbesondere in allen Politikbereichen, die Landwirte, Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen sowie Verwaltungen betreffen. Unsere Erwartungen an das Umwelt- sowie das Lebensmittel- und Futtermittel-„Omnibuspaket“ sind äußerst hoch. Die Kommission muss dringend bestehende Regeln straffen und verhindern, dass zusätzliche Regelungen aufgeschichtet werden. Dies lässt sich nicht allein durch den Fokus auf Verwaltungslasten erreichen. Erforderlich ist eine breitere Perspektive, damit die Omnibuspakete regulatorische, administrative, rechtliche, praktische und berichtsbezogene Belastungen, mit denen Agrar- und Lebensmittelakteure konfrontiert sind, ganzheitlich adressieren – denn diese stellen wesentliche Hindernisse für Investitionen in Nachhaltigkeit und Produktivität dar.

Wir fordern die Europäische Kommission daher auf, entschlossen zu handeln und ambitionierte Umwelt- sowie Lebensmittel- und Futtermittel-Omnibuspakete vorzulegen, die das Leben von Millionen Landwirten, Agrargenossenschaften und Hunderttausenden Verarbeitern und Akteuren der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette tatsächlich vereinfachen. Dadurch erhalten Unternehmen die Planungssicherheit, die sie für ihren Betrieb und Investitionen benötigen, während zugleich das Vertrauen der Verbraucher gestärkt wird. Vereinfachungs- und Modernisierungsbestrebungen für Akteure der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft sollten sowohl im Umwelt- als auch im Lebensmittel- und Futtermittel-Omnibus im Mittelpunkt stehen. Kosmetische Änderungen reichen nicht aus, um die Zukunft einer wettbewerbsfähigen Agrar- und Lebensmittelkette in der EU zu sichern. Wir brauchen bessere Regulierung und fordern, dass die kommenden Omnibuspakete auch jene Rechtsvorschriften modernisieren, die derzeit Genehmigungsverfahren, Innovation und Kreislaufwirtschaft in Landwirtschaft und Ernährung behindern.

Der Europäische Rat im Oktober hat erneut auf die dringende Notwendigkeit einer ambitionierten, horizontal ausgerichteten Vereinfachungs- und Bessere-Regulierung-Agenda auf EU-, nationaler und regionaler Ebene hingewiesen – über alle Politikbereiche hinweg –, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern.

Nun gilt es, die EU-Regelungen mit der Realität abzugleichen, mit der Landwirte und wirtschaftliche Akteure vor Ort konfrontiert sind. Dazu gehört, interoperable und innovative Lösungen zu ermöglichen, die landwirtschaftliche Betriebe und Akteure der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft unterstützen, ohne neue Belastungen zu schaffen. Dies kann nur gelingen, wenn ambitionierte Omnibuspakete für Umwelt, Lebensmittel und Futtermittel vorgelegt werden, die auch vor gesetzlichen Anpassungen dort nicht zurückschrecken, wo sie die Agrar- und Lebensmittelakteure am stärksten betreffen. Vereinfachung sollte ein gründlicher und gestufter Prozess sein, mit aufeinanderfolgenden Omnibuspaketen, wo immer nötig.

Die Zeit zu handeln ist jetzt. Wir hoffen, dass die Europäische Kommission dem Appell der Agrar- und Lebensmittelkette Gehör schenkt und konkrete Ergebnisse liefert, die die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Sektors sichern.“
 

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