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Obwohl es ein Regelwerk zur Vermeidung und Behandlung von Interessenkonflikten bei der Verwendung von EU-Geldern gibt, bestehen Lücken in Bezug auf die Förderung von Transparenz und die Erkennung von Risikosituationen. Zu diesem Fazit gelangt ein neuer Bericht des Europäischen Rechnungshofs, in dem es insbesondere um die Frage geht, wie das Problem in den beiden größten Ausgabenbereichen der EU – Landwirtschaft und regionaler Zusammenhalt ('Kohäsion') – angegangen wird.

'Vor dem Hintergrund der überarbeiteten Rechtsvorschriften und jüngster Vorkommnisse wollten wir überprüfen, ob die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten in angemessener Weise gegen Interessenkonflikte in der gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik vorgegangen sind', so Pietro Russo, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. 'Wir haben festgestellt, dass Anstrengungen unternommen wurden, um das Problem anzugehen, aber nach wie vor Lücken bestehen. Die Meldung von Fällen sollte verbessert werden, um einen klaren Überblick über die von Interessenkonflikten betroffenen Beträge zu erhalten.'
Nach den EU-Vorschriften müssen Personen, die (in der EU oder auf nationaler Ebene) an der Verwaltung von EU-Mitteln beteiligt sind, Interessenkonflikte vermeiden, die auf die politische Nähe oder nationale Zugehörigkeit, wirtschaftliche Interessen oder andere direkte oder indirekte persönliche Interessen zurückgehen. Wird ein Interessenkonflikt vermutet oder festgestellt, muss die zuständige Behörde sicherstellen, dass die betreffende Person jede Tätigkeit in dem entsprechenden Zusammenhang einstellt.

Auf nationaler Ebene werden solche Situationen vor allem über Selbsterklärungen gehandhabt. Diese Erklärungen seien jedoch nicht unbedingt zuverlässig, und der Abgleich von Informationen könne sich mitunter schwierig gestalten – aufgrund von Datenschutz, fehlenden Verwaltungskapazitäten sowie allgemein mangelnder Transparenz. Die Prüfer stellten fest, dass in den von ihnen untersuchten Ländern (Deutschland, Ungarn, Malta und Rumänien) Regierungsmitglieder, die an Entscheidungen über EU-Programme und die Zuweisung von entsprechenden Fördermitteln beteiligt waren, nicht zwingend eine Selbsterklärung abgeben mussten, obwohl dies in den einschlägigen Verordnungen seit 2018 ausdrücklich vorgeschrieben ist. Solche Erklärungen würden auf EU-Ebene ebenfalls oft genutzt, und insbesondere in sensiblen Fällen würden auch einige Kontrollen durchgeführt. Die sogenannten 'Drehtüreffekte' – davon wird gesprochen, wenn Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft wechseln, aber weiterhin im selben Bereich tätig sind – seien jedoch immer mit dem Risiko von Interessenkonflikten verbunden. Daher müsse energischer gegen solche Fälle vorgegangen werden, so die Prüfer.

Den Prüfern zufolge legten die nationalen Behörden großen Wert auf die Aufdeckung von Interessenkonflikten bei der Auftragsvergabe, achteten jedoch nicht immer auf bestimmte Warnsignale. Diese beträfen z.B. die zahlreichen Verfahren, bei denen kein ordnungsgemäßer Wettbewerb stattfindet (d.h. Aufträge, die ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren ausgehandelt werden, oder Antragsteller, die mit anderen an EU-geförderten Projekten beteiligten Akteuren in Verbindung stehen). Die Prüfer stellen auch fest, dass es noch keine Maßnahmen zum Schutz von internen Hinweisgebern (d.h. Personen, die Verstöße gegen das EU-Recht melden) gibt und viele Mitgliedstaaten die einschlägigen Vorschriften nur verspätet umsetzen.
Öffentliche Quellen (wie Links zu nationalen und regionalen Websites, auf denen die Empfänger von EU-Mitteln für Landwirtschaft und Kohäsion aufgeführt sind, oder die Online-Plattform 'Kohesio' der Kommission) enthielten derzeit keine Informationen über die eigentlichen Endbegünstigten hinter den juristischen Personen, was die öffentliche Kontrolle einschränke. Im neuen Programmplanungszeitraum (2021 bis 2027) werde die Angabe dieser Informationen in den Verwaltungs- und Kontrollsystemen der EU-Länder für den Kohäsionsbereich verpflichtend sein. Wer in der Landwirtschaft EU-Mittel erhalte, müsse ab 2023 Angaben dazu machen, welchen Gruppen von Unternehmen er angehört.

Außerdem weisen die Prüfer darauf hin, dass es keine öffentlich zugänglichen Informationen über das Ausmaß von Interessenkonflikten im Bereich der geteilten Verwaltung der EU-Ausgaben gibt, ebenso wenig wie Indikatoren zur Häufigkeit. Auch würden nicht alle Unregelmäßigkeiten gemeldet, z.B. wenn es um weniger als 10.000 Euro gehe oder die Unregelmäßigkeiten auf nationaler Ebene aufgedeckt und berichtigt würden, noch bevor bei der Kommission Mittel angefordert werden.