Foto: FachgruppeObstbau/Urbanietz

Foto: FachgruppeObstbau/Urbanietz

Auf eine akute Krise im deutschen Obstbau hat Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau, hingewiesen. Bei einer Agrarpolitische Talkrunde mit anschließendem Senatsempfang in Hamburg berichtete er von sinkenden Erzeugerpreisen bei explodierenden Kosten und großem Konkurrenzdruck im Lebensmitteleinzelhandel. Von der Politik forderte der Fachgruppenvorsitzende konkrete Unterstützung für den heimischen Anbau ein.

„Sowohl im Beerenobstbau als auch im Stein- und Kernobstbau ist die Stimmung unter unseren Berufskollegen dramatisch“ führte Stechmann aus. Neben der angespannten Marktsituation verwies der Obstproduzent auf die steigenden Extremwettereignisse und Klimawandelfolgen sowie auf die schwindende Verfügbarkeit von wirksamen Pflanzenschutzmitteln. „Um die Obstbaubetriebe abzusichern, sind Versicherungslösungen oder größere Investitionen in Witterungsschutzanlagen oder Wasserspeicherbecken notwendig“, betonte Stechmann und sprach sich für Investitionsförderprogramme und einen Beitragszuschuss zu Versicherungslösungen aus.
Gleichzeitig erinnerte Stechmann an den nachweislichen besonderen Beitrag des deutschen Obstbaus für Umweltschutz und Biodiversität. Von den politischen Entscheidungsträgern würden die Ergebnisse allerdings viel zu wenig wertgeschätzt. Stechmann forderte eine stärkere Berücksichtigung der integrierten Produktion in den nationalen und EU-weiten Nachhaltigkeitsprogrammen. Ein gezielter und nützlingsschonender Pflanzenschutz verbunden mit einem Wirkstoffwechsel sei zudem eine wichtige Voraussetzung für den Integrierten Obstanbau. Alle Beteiligten sollten daher nicht danach streben, Zulassungen zu verhindern, sondern nach praktikablen Lösungen suchen. Eine pauschale Reduktion, wie in dem Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Pflanzenschutzverordnung, sei dagegen nicht zielführend. Die Teilnehmer der Polittalk-Runde signalisierten, dass sie sich der akuten Krisenlage im Obstbau bewusst sind. So sieht u.a. Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft, im Obstbau auf Hamburger Stadtgebiet ein großes Wertschöpfungspotenzial. Regionale Obstproduktion brauche den Schutz der Politik, um sich im Konkurrenzkampf der Metropolregion, insbesondere um Land, langfristig zu behaupten. Akut gelte es, die Folgen des Ukrainekrieges abzupuffern, damit die Betriebe über die nächsten beiden Winter kommen. Dann gelte es, längerfristige Probleme anzugehen. Abschließend verwies Jens Stechmann auf die bundesweite Apfelverteilaktion am 24. September 2022, bei der die Verbraucher in zahlreichen Städten in persönlichen Austausch über die Klima- und Umweltleistungen des deutschen Obstbaus aufgeklärt werden sollen.