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Innerhalb von 24 Stunden sind insgesamt 16 Starkregen über der Emilia-Romagna niedergegangen, weitere vier in den Marken, darüber hinaus wurden Sturm und Gewitter verzeichnet: Das gab der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti vergangenen Mittwoch bekannt. Seitdem hat sich die Lage nicht verbessert, in 36 Stunden sei so viel Regen gefallen wie sonst in sechs Monaten.

„Über 5.000 Unternehmen sind betroffen: Ihre Gewächshäuser, Baumschulen und Stallungen stehen unter Wasser. Vieh ist ertrunken, zehntausende Hektar Anbaufläche von Trauben, Kiwis, Pflaumen, Birnen, Äpfeln, Gemüse und Getreide überschwemmt, dazu Verarbeitungsbereiche von Landwirtschaftsprodukten“, summiert der Verband am gestrigen Donnerstag.

Am stärksten betroffen sei die O+G-Branche, stellt Coldiretti klar. Das Wasser in den Obstplantagen fließe nur langsam ab und „ersticke“ die Baumwurzeln förmlich, mit dem Risiko, dass ganze Anbauflächen verschwinden könnten, die erst in einigen Jahren wieder Erträge abwerfen könnten. „Es besteht die Gefahr, dass die Krise eine ganze Branche ergreift, die auf Produktion und Weiterverarbeitung von dem Obst und Gemüse ausgelegt sind, das die Emilia-Romagna zum „Fruit Valley“ Italiens macht“, so die Befürchtung des Verbands. Eine absetzbare O+G-Bruttoproduktion im Wert von 1,2 Mrd Euro stamme aus dieser Region. Derzeit müsse man auf das Abfließen des Wassers warten, um die Schäden genauer benennen zu können.

Durch Erdrutsche und sich durch Orte, Plantagen und sogar über Autobahnen drängenden Wassermassen sind bisher mindestens elf Menschen ums Leben gekommen, viele werden vermisst. „Wir danken der Feuerwehr, dem Zivilschutz und den Ordnungshütern für ihr Eingreifen und ihre Hilfe für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger“, betonte Coldiretti-Präsdient Ettore Prandini. Das Hauptaugenmerk liege nun im Retten von Menschenleben, doch bereits jetzt müsse mit dem Wiederaufbau des von der Naturkatastrophe zerstörten Produktions- und Wirtschaftssystems begonnen werden, so Prandini weiter.

Laut Nello Musumeci, Italiens Minister für Zivilschutz, waren am Mittwoch 24 Gemeinden überschwemmt, 50.000 Menschen ohne Strom. „Seit zwei Wochen wird die Emilia-Romagna von Regen, Hagel und Überschwemmungen heimgesucht“, bestätigt auch das Regionalbüro von Confagricoltura, dies habe „schwerwiegende Auswirkungen auf die Landwirtschaft“. Stündlich verschlechtere sich die Situation. Als Beispiel nennt Confagricoltura Emilia-Romagna die Gemeinde Bassa Romagna in der Provinz Ravenna, wo die Überschwemmungen Schäden i.H.v. 200 Mio Euro verursacht haben. Allgemein rechne man mit bis zu 6.000 Euro/ha an Schäden bei Getreide, Gartenbau und Saatgut, während es im Obst-, Oliven- und Weinanbau 32.000 Euro/ha seien - darin inbegriffen verlorene Ernten und die Kosten für Neupflanzungen. Nicht eingerechnet wurden Auswirkungen auf Vorräte, Strukturen, landwirtschaftliche Geräte oder auch Vorauszahlungen, um die Aktivität wiederaufzunehmen.

Noch sei die Situation sehr ungewiss, so Carlo Carli, Präsident des Confagricoltura-Regionalverbandes in Forlì-Cesena und Rimini. Gerade jetzt, Mitte Mai, befänden sich viele Kulturen in einer entscheidenden Wachstumsphase, und diese Naturkatastrophe könnte das Produktionsjahr ernsthaft belasten. Hinzu kämen Schäden an der Infrastruktur der Betriebe, wo Gelände und Gerätschaften auch nach Abzug der Wassermassen von Schlamm bedeckt blieben. Und vorbei sei das Ganze schließlich auch noch nicht: Die Wettervorhersagen zeigen mehr Regen, und auch für den morgigen Samstag wird weiterhin Alarmstufe Rot im Osten der Region erwartet, wo die Regionshauptstadt Bologna genauso dazu gehört wie die Provinzen Ravenna, Forlì-Cesena, Ferrara oder Rimini. i.d.