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Mit den weiter steigenden Kosten in der Lieferkette, u.a. für den Faktor Arbeit – Stichwort Mindestlohn –, aber auch einer zunehmenden Fluktuation und Unberechenbarkeit bei der Saisonarbeit, sieht sich die deutsche Produktion in diesem Jahr vor große Herausforderungen gestellt. In den Regionen bereitet man sich bestmöglich auf die zu bewältigenden Aufgaben vor, die Vielzahl an gleichzeitigen Herausforderungen erschwert die Situation jedoch beträchtlich.

Dies war kürzlich auch bei der Eröffnung der Gemüsesaison in der Pfalz zu spüren, wo trotz günstiger Bedingungen für die Vegetation und einem frühen Saisonstart auch besorgte Töne anklangen. Dabei sind es nicht nur die ausufernden Kosten und die dringend benötigten höheren Erzeugerpreise, die im Fokus stehen. Auch der Krieg in der Ukraine hat erhebliche Auswirkungen, vor allem bezüglich der Planbarkeit der Saisonarbeit. Viele arbeitssuchende Saisonkräfte sind scheinbar genauso schnell wieder weg, wie sie aufgetaucht sind, die Verweilzeiten sind kürzer als früher und mit dem eingespielten Personal aus den Vorjahren kann auch nicht mehr fest geplant werden.
Hinzu kommt: Der Klimawandel ist auch noch nicht bewältigt, nur weil gerade andere Themen im Vordergrund stehen. Das weiß auch Christian Deyerling, Aufsichtsratsratsvorsitzender des Pfalzmarktes: „In jedem Jahr gibt es neue Herausforderungen, sei es eine Hitzewelle, Hochwasser oder auch Corona. Das kriegen wir in der Regel auch gut in den Griff. Der Ukraine-Krieg hat jetzt aber zusätzliche Probleme bei der Beschaffung des Verpackungsmaterials zur Folge, z.B. bei Kartonagen oder Holzsteigen. Eine Holzkiste, in der die Salate gepackt werden, kostet jetzt leicht das Doppelte; und das muss ja auch irgendwie auf den Preis umgeschlagen werden. Vorausgesetzt, die Kiste ist überhaupt erhältlich, das ist ja das nächste Problem, das wir haben. Auch die Verfügbarkeit von Saatgut ist in der jetzigen Situation nicht mehr ohne weiteres gegeben“, so Deyerling.

Einige hundert Kilometer weiter südlich, auf der Gemüseinsel Reichenau, bereitet man sich auch auf ein Jahr mit Herausforderungen vor. Konzeptionell und vom Sortiment her gut aufgestellt wie immer, sieht Geschäftsführer Johannes Bliestle die Reichenau Gemüse für das Jahr 2022 denn auch gut gerüstet. Auf der Basis einer Produktionsmenge von knapp 15.000 t Frischgemüse im Jahr 2021 gehe man mutig in die Zukunft, sagt Bliestle gegenüber dem Fruchthandel Magazin. Dennoch macht auch er keinen Hehl daraus, dass viele Variablen die Planbarkeit erschweren. „Faktoren, wie Mindestlohn, Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften, Betriebsmittelsteigerung und besonders auch Energie wirken massiv auf die Betriebe und somit auch auf die Vermarktung ein. In den gärtnerischen Erzeugerbetrieben ist man vor allem über die Mindestlohnentwicklung sehr beunruhigt. Die Auswirkungen werden im gesamten Lohngefüge und nicht nur im Niedriglohnsegment zu spüren sein. Das Lohnniveau wird über alle Gehaltsklassen in den Betrieben steigen, will man auch die guten Mitarbeiter in gehobenen Positionen behalten und eine Abwanderung in andere Branchen beziehungsweise andere Betriebe vermeiden“, betont Johannes Bliestle. Damit spricht er Probleme an, die in diesem Jahr überall in Deutschland im Fokus stehen werden. m.s.

Lesen Sie die vollständigen Interviews mit dem Pfalzmarkt und Reichenau Gemüse im Deutschland-Schwerpunkt der Ausgabe 20/2022 des Fruchthandel Magazins.